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Sorgeberechtigter Elternteil kann Kinderreisepass herausverlangen

Aus dem Personensorgerecht kann sich ein Anspruch des berechtigten Elternteils auf Herausgabe des Kinderreisepasses ergeben, soweit die elterlichen Befugnisse nicht überschritten werden

BGH, Beschluss vom 27.03.2019 – XII ZB 345/18

Der Bundesgerichtshof hatte über den Antrag einer Mutter zu entscheiden, die von dem Vater ihres Kindes die Herausgabe des Kinderreisepasses verlangte. Die Eltern waren nicht verheiratet, lebten getrennt und übten die gemeinsame elterliche Sorge aus.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte den Antrag der Mutter zuvor mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine gesetzliche Grundlage für die Herausgabe des Kinderreisepasses nicht existiere. Dieser Rechtsauffassung folgte der Bundesgerichtshof nicht. In seiner Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof (unter Ablehnung zahlreicher anderer vertretener Rechtsmeinungen) klar, dass sich der Anspruch auf Herausgabe des Kinderreisepasses aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1632 Abs. 1, 1684 Abs. 2 BGB ergebe. Die Voraussetzungen für eine Analogie seien gegeben.

Denn einerseits habe der Gesetzgeber im Zuge der FGG-Reform übersehen, dass die ursprüngliche Rechtsgrundlage für die Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen, § 50 d FGG, nicht vollständig durch eine entsprechende Regelung ersetzt worden ist. Jedenfalls habe der Gesetzgeber verkannt, dass sich die Regelung des § 95 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nicht zu den persönliche Sachen des Kindes verhalte, wodurch diese Norm  keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage (mehr) für die Herausgabe von Sachen darstelle, was jedoch vom Gesetzgeber in Anlehnung an die vorherige Vorschrift beabsichtigt gewesen sei.

Andererseits sei auch eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte gegeben, da die Personensorge und der Umgang mit dem Kind den berechtigten Elternteil in die Lage versetzen sollen, die gemeinsame Zeit mit dem Kind ungestört und kindeswohldienlich zu verbringen. Dazu gehöre eben auch, dass persönliche Sachen des Kindes an den berechtigten Elternteil herausgegeben werden, die das Kind während seines Aufenthalts bei dem berechtigten Elternteil voraussichtlich benötigt. Aus der elterlichen Wohlverhaltenspflicht ergebe sich, dass die Eltern alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtige oder die Erziehung erschwere. Folglich hätten die Eltern auch dafür zu sorgen, dass das Kind im Besitz derjenigen Sachen ist, die es benötigt.

Der Bundesgerichtshof betont in seiner Entscheidung, dass das Recht zur Herausgabe persönlicher Sachen des Kindes nur insoweit gilt, als der begehrende Elternteil für die Ausübung der Personensorge auf diese angewiesen ist. Ist zu befürchten, dass der berechtigte Elternteil seine elterlichen Befugnisse überschreiten oder sogar missbrauchen wird, kann dies der Herausgabe von Sachen entgegenstehen. In dem zu entscheidenden Fall sah der Bundesgerichtshof eine solche Gefahr nicht als gegeben, da die Mutter im Inland verwurzelt sei und es keine Hinweise darauf gebe, dass sie sich mit dem Kind ins Ausland begeben werde.